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82 suchende Zusammenhänge ‚sensibilisierende Konzepte‘, in die – entgegen einem
verbreiteten Missverständnis – durchaus theoretisches Vorwissen einfließt.“358
„Qualitative research is a field of inquiry in its own right.“359 Zentrale Prinzipien qua-
litativer Sozialforschung sind die „Offenheit“, die „Forschung als Kommunikation“,
der „Prozesscharakter von Forschung und Gegenstand“, die „Reflexivität von Gegen-
stand und Analyse“, die „Explikation“ und die „Flexibilität“.360 Die Grundhaltung
der Offenheit beinhaltet, gegenüber den Untersuchungspersonen, der Untersuchungs-
situation und den anzuwendenden Methoden aufgeschlossen zu sein. Qualitativer
Sozialforschung kommt häufig eine explorative Funktion zu und auf Hypothesenbil-
dung vor der Untersuchung wird verzichtet.361 „Qualitative Sozialforschung versteht
sich im Gegensatz zur quantitativen Vorgehensweise nicht als Hypothesen prüfendes,
sondern als Hypothesen generierendes Verfahren.“362 Wird Forschung als Kommuni-
kation gesehen, gehen soziale Phänomene prozesshaft vor sich.363 Diese Prozesshaf-
tigkeit betrifft sowohl den Forschungsakt als auch den Forschungsgegenstand. Qua-
litative Sozialforschung ist primär an „Deutungs- und Handlungsmuster“ interessiert,
„die eine gewisse kollektive Verbindlichkeit besitzen“.364
„Muster des Agierens und Interpretierens […] werden von den sozialen Akteuren
konstituiert, so wie diese mit Hilfe der Deutungs- und Handlungsmuster die soziale
Wirklichkeit schaffen. Diesen Konstitutionsprozeß von Wirklichkeit zu dokumentieren,
analytisch zu rekonstruieren und schließlich durch das verstehende Nachvollziehen
zu erklären ist das zentrale Anliegen einer qualitativen Sozialforschung und der sie
begründenden interpretativen Soziologie.“365
Jede Bedeutung verweist reflexiv auf das Ganze und „das Verständnis von Einzelak-
ten“ setzt „das Verständnis des Kontextes“ voraus, was bedeutet, dass „Sinnkonstitu-
358 Flick, Uwe (52012): Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung. Reinbek bei Ham-
burg: Rowohlt [11995; überarbeitete und erweiterte Neuausgabe 2007], 23.
359 Denzin, Norman K./Lincoln, Yvonna S. (42011): Introduction. Disciplining the Practice
of Qualitative Research. In: Denzin, Norman K./Lincoln, Yvonna S. (Hg.): The SAGE
Handbook of Qualitative Research. Thousand Oaks/London/New Delhi/Singapore:
SAGE, 1–19, 3 [Denzin, Norman K./Lincoln, Yvonna S. (1994): Handbook of Qualitative
Research. Thousand Oaks/London/New Delhi: SAGE].
360 Lamnek, Siegfried (52010): Qualitative Sozialforschung. Weinheim/Basel: Beltz [1988],
19–25. Da in manchen Bereichen das 1995 herausgegebene Buch von Lamnek aus-
führlicher ist, wird teilweise auch aus diesem zitiert, vgl. Lamnek, Siegfried (31995):
Qualitative Sozialforschung, Bd. 1. Methodologie. Weinheim: Beltz [1988].
361 Lamnek, Siegfried (52010): Qualitative Sozialforschung, 20.
362 Ebd.
363 Vgl. ebd., 21.
364 Ebd.
365 Lamnek, Siegfried (1995): Qualitative Sozialforschung, Bd. 1, 24f.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279