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prüfbarkeit und somit die Objektivität empirischer Methoden gesteigert.377 Qualitative
Forschung kann als „subjektiv begriffen werden, ohne die Objektivität aufzugeben“.378
Objektivität entsteht „im qualitativen Paradigma eben nicht durch Ausblendung der Sub-
jektivität, sondern durch deren Berücksichtigung.“379 Die Personen, die an der Untersu-
chung teilnehmen, müssen „mit ihren eigenen Worten zu Wort“380 kommen.
Das Vorverständnis der forschenden Person gilt es zu reflektieren: So ist ein
besonderes Augenmerk auf die Sprache zu legen, da sich die Sprache der untersuchten
Person von der Sprache der forschenden Person unterscheiden kann.381 „Sprache
und Handeln stehen in einem direkten Zusammenhang. Erst über das Kennenlernen
der spezifischen, für die betreffende Gruppe wichtigen sprachlichen Symbolen läßt
sich auch ein Zugang zu ihrem Denken bzw. ihrer Kultur finden […].“382 Qualitative
Forschung ist ein intersubjektiver Prozess, in dem die forschende und die an der
Forschung teilnehmende Person sozial konstruierte Wahrheiten produzieren.383 Es
bedarf der Interpretation, um die Aussagen von Personen zu verstehen, „die durch den
Menschen interpretierte Welt kann nur der ‚verstehen‘, der sie ebenso interpretiert“.384
Qualitative Forschung richtet „ihr Augenmerk darauf, wenige Einzelfälle in ihrer
individuellen Komplexität möglichst differenziert und detailliert zu ergründen.“385
„Die untersuchten Einzelfälle sind als solche individuell und situativ geprägt. Ihre
Durchleuchtung bildet jedoch keinen Selbstzweck. Qualitative Forschung zielt letzt-
lich auch auf fallübergreifende Strukturaussagen zum Erleben, Deuten und Handeln
bestimmter Personengruppen und Subkulturen. Aus wenigen je für sich untersuchten
und miteinander verglichenen Einzelfällen heraus sind solche Strukturaussagen zwar
nicht als allgemeingültig beweisbar. Sofern sie jedoch mit methodischer Sorgfalt
und inhaltlicher Stimmigkeit belegt und bedacht werden, können sie bei all ihrer
Vorläufigkeit und Begrenztheit gegenstandsbezogene Anknüpfungspunkte für eine
allgemeine(re) Theorie darstellen. Bevor eine solche Theorie als bewährt gelten kann,
muss sie sich durch weitere empirische Befunde korrigieren, modifizieren und vervoll-
ständigen lassen.“386
377 Vgl. ebd., 28.
378 Porzelt, Burkard (2000): Qualitativ-empirische Methoden. In: Porzelt, Burkard/Güth,
Ralph (Hg.): Empirische Religionspädagogik, 63–81, 78.
379 Lamnek, Siegfried (1995): Qualitative Sozialforschung, Bd. 1, 229.
380 Ebd., 240.
381 Girtler, Roland (31992): Methoden der qualitativen Sozialforschung. Wien/Köln/Weimar:
Böhlau [1984], 34.
382 Ebd.
383 Vgl. King, Katherine/Hemming, Peter J. (2012): Exploring Multiple Religious Identities
through Mixed Qualitative Methods. Fieldwork in Religion 7(1), 29–47, 30.
384 Girtler, Roland (1992): Methoden der qualitativen Sozialforschung, 20.
385 Porzelt, Burkard (2000): Qualitativ-empirische Methoden. In: Porzelt, Burkard/Güth,
Ralph (Hg.): Empirische Religionspädagogik, 63–81, 65.
386 Ebd.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279