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104 „dass es sich um eine neue Qualität von Datenmaterial handelt, in der der so genannte
‚Fokussierungsakt‘ besondere Bedeutung gewinnt. Hieraus lässt sich zunächst schluss-
folgern, dass Kinder wohl eine irgendwie anders gelagerte Diskurspraxis nutzen, die
nicht ohne weiteres mit denen von Jugendlichen und/oder Erwachsenen vergleichbar
ist – entweder, weil sie ‚verdeckt‘ erscheint oder weil Kinder vielleicht sogar irgendwie
eine eigene (Sprach- und Ordnungs-)Logik bei der Herstellung von Kommunikation in
Gruppendiskussionen verfolgen.“507
Die Kindergruppe kann im Rahmen der Gruppendiskussion Themen finden, die für sie
von Interesse sind und über diese in ihrer alltäglichen Sprache miteinander kommu-
nizieren. Den Interviewenden kommt im Hauptteil der Gruppendiskussion die Rolle
der aufmerksam zuhörenden Personen zu, die weder mit thematischen noch mit eva-
luativen Interventionen in den Diskursverlauf eingreifen, sodass die Kinder die für
sie wichtigen Themen finden können und diese in ihrer alltäglichen Sprache in der
gewohnten Form des Diskurses bearbeiten können.508
„Ihre Rolle ergibt sich aus der Fokussierung auf die Erzeugung von Selbstläufigkeit in
Bezug auf die verbale Interaktion, den Diskurs der Kinder. Die Kindergruppe soll sich
auf die ihnen gemeinsamen Erlebniszusammenhänge, auf ihre zentralen Erlebniszen-
tren und Relevanzsysteme, die für den kollektiven Orientierungsrahmen und dessen
Rekonstruktion von zentraler Bedeutung sind, einpendeln können.“509
Über die Anwendung und die Auswertung von Gruppendiskussionen liegen wenige
methodische Reflexionen vor, was als zentraler theoretischer Mangel und als for-
schungspraktisches Problem gilt.510 In den letzten Jahren wurden einige Forschungen
mit Kindern durchgeführt, in denen die Methode der Gruppendiskussion eingesetzt
wurde. Erfahrungen mit Kindergruppen haben gezeigt, dass es oftmals leichter ist, mit
Kindern in Praxisformen einzusteigen, in denen sie beispielsweise das Geschehen mit
Puppen nachspielen und erst dann zu rekonstruktiven Diskursformen überzugehen.511
Eine Methode, die sich als hilfreich erwies, um die Hierarchie im Gespräch zu senken,
ist die Methode des Persona-Doll-Trainings.512
visueller Sozialforschung in der Erziehungswissenschaft. Opladen/Farmington Hills:
Barbara Budrich, 105–120, 118.
507 Bock, Karin (2010): Kinderalltag – Kinderwelten, 118.
508 Vgl. Nentwig-Gesemann, Iris (2002): Gruppendiskussionen mit Kindern. Zeitschrift für
qualitative Bildungs-, Beratungs- und Sozialforschung 3(1), 41–63, 46.
509 Ebd.
510 Ebd., 45f.
511 Vgl. Przyborski, Aglaja/Wohlrab-Sahr, Monika (2014): Qualitative Sozialforschung, 106.
512 Vgl. Persona-Doll-Training, http://www.persona-doll-training.org/ [21.07.2015].
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279