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sche Alphabet, einfache Sätze auf Arabisch sowie einzelne Suren des Korans. Katho-
lischer oder evangelischer Religionsunterricht wird im Haus – mit der Begründung,
dass fast 95 Prozent türkisch-muslimische Kinder sind – nicht angeboten, obwohl der
Leiter der Ansicht ist, dass Kinder durch Religion „besser und gesünder“638 würden.
Kennenlernen von Gotteshäusern
Das Kennenlernen von Gotteshäusern ist ein weiteres Angebot in den Kindergärten.
Die Kirche wird im Kindergarten in katholischer Trägerschaft regelmäßig, besonders
zu Festzeiten, besucht, da diese durch einen Gang mit dem Kindergartengebäude
räumlich verbunden ist. Beim Besuch von Kirchen muss nicht jedes Kind ein Kreuz-
zeichen mit Weihwasser machen. Der einmalige Besuch einer Moschee hat den Erwar-
tungen der Pädagogin nicht entsprochen, da die Kinder in der Moschee laufen durften
und der Besuch eher einer Turnstunde geähnelt habe. Die andere Pädagogin berichtet
von ihrer Erfahrung, dass sich Kinder, wenn sie im Rahmen eines Ausflugs an einer
Moschee vorbeikämen, nicht für ihre Erklärung über die Moschee interessierten.
Im Kindergarten in islamischer Trägerschaft besuchen die muslimischen Kinder
regelmäßig die hauseigene Moschee. Kirchen werden von der Pädagogin thematisiert,
wenn sie im Rahmen eines Ausflugs zufällig an einer Kirche vorbeikommen, indem
die Pädagogin den Kindern mitteilt, dass sie aufgrund ihrer Religion zum Beten in die-
ses Gebäude gehen würde, was die Kinder ihrer Meinung nach interessiere. Bewusst
initiierte Besuche von Gotteshäusern außer der Moschee werden nicht angeboten.
Erzählen von Geschichten
Geschichten mit religiösem Hintergrund werden im Kindergarten in katholischer Trä-
gerschaft bei den christlichen Festen erzählt beziehungsweise mit den Kindern als
Rollenspiel gespielt. Geschichten anderer Religionen werden im Kindergartenjahr mit
Ausnahme des Opferfestes nicht thematisiert.
Im Kindergarten in islamischer Trägerschaft werden den Kindern die Hintergründe
zu den islamischen und christlichen Festen erzählt. Im Koranunterricht wird den Kin-
dern aus dem Leben von Mohammed erzählt.
Gebete
Gebete der größeren Religion
Im Kindergarten in katholischer Trägerschaft wird vor jedem Essen ein Dankgebet
gesprochen, da in jeder Religionsausrichtung gedankt werden könne, allerdings wer-
den ausschließlich christliche Gebete gesprochen, gesungen oder getanzt und das
Gebet wird häufig mit einem Kreuzzeichen beendet. Die Gebete werden aus einem
Grundstock von christlichen Gebeten für die Gebete vor dem Essen und vor den Zwi-
schenmahlzeiten ausgewählt. Die Handhaltung beim Gebet ist im Kindergarten in
638 Experteninterview mit Leiter des Kindergartens in islamischer Trägerschaft, 190f.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279