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Fest ergibt sich eine kurze Unstimmigkeit, welche Pädagoginnen beim Fest teilnehmen
sollten, da sich die Leiterin die Anwesenheit aller Pädagoginnen wünscht, während
eine Pädagogin es als wichtiger erachtet, die Assistentin im Garten zu unterstützen. Die
Pädagoginnen wissen nicht, ob die Eltern gerne Feste ihrer Religion im Kindergarten
feiern würden und besprechen dies nicht mit den Eltern. Es wird von einer Pädagogin
wahrgenommen, dass es den Kindern peinlich sei, über ihre religiösen Ausdrucksfor-
men zu sprechen, weil sie merken würden, anders zu sein. Diese Feststellung wird
nicht als Anlass genommen, dies mit den Kindern zu bearbeiten. Im Kindergarten wird
nicht thematisiert, wenn Kinder aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit nicht an Festen
teilnehmen, sondern es wird von den Eltern erwartet, den Kindern dies zu Hause zu
erklären, was mit den Eltern allerdings nicht besprochen wird. Auch beim Essensan-
gebot wird das Bestreben deutlich, religiöse Differenz nicht zu thematisieren. So wird
im Kindergarten in katholischer Trägerschaft generell kein Schweinefleisch angeboten
und im Kindergarten in islamischer Trägerschaft wird versucht, in der Strenge des
angebotenen Halal-Essens einen Mittelweg zu gehen, um niemanden zu brüskieren.
Ursachen für Vermeidung der Kommunikation über religiöse Differenz
In beiden Kindergärten sind sich die Kindergartenleitungen bewusst, dass religiöse
Differenz vorhanden ist, allerdings zeigt sich im Kindergartenalltag die Tendenz,
Situationen zu vermeiden, in denen religiöse Differenz erkennbar und für die Kinder
erfahrbar werden könnte. Die angegebenen Gründe für geringe Kommunikation über
religiöse Differenz sind nicht ausschließlich und deutlich voneinander unterschieden
zu verstehen, sondern oftmals treffen auf einzelne Personen mehrere Gründe zu.
• Gleiche Behandlung aller Kinder
• Vermeidung von Herausforderungen und Konflikten
• Zufriedenheit aller Beteiligten
• Traditionsgebundenheit
• Bezug auf Trägerschaft
• Mangel an Wissen
• Religiöse Erziehung als Wertevermittlung
• Religion als Inszenierung
• Religion als „Sache der Privatsphäre“
Gleiche Behandlung aller Kinder
Damit Kinder nicht die Erfahrung des Nicht-Dazugehörens, der Isolierung machen,
wird religiöse Differenz nicht thematisiert und es wird versucht, alle Kinder gleich zu
behandeln. Dies wird als Grund für Feiern ohne religiösen Hintergrund angegeben,
damit alle Kinder gleichermaßen daran teilnehmen können und sich dazugehörig füh-
len. Mit dieser Praxis sollen keine Kinder ausgeschlossen werden. Kein Kind soll das
Gefühl haben, nicht Teil der Gruppe und anders zu sein.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279