Seite - 165 - in Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten - Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
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Vermeidung von Herausforderungen und Konflikten
Religiöse Differenz wird unter der Perspektive der Herausforderung gesehen. Deshalb
wird es als Vorteil angesehen, wenn religiöse Differenz nicht thematisiert wird, da
dies Konflikte und Probleme provozieren könne. Ein Konfliktgespräch zwischen einer
Mutter und einer Pädagogin über das Kreuzzeichen im Kindergarten wird weder unter
den Kindergartenpädagoginnen noch mit den Kindern thematisiert, obwohl einige
Kinder das Gespräch gehört haben. Leitend für das Schweigen über den Konflikt war
die Hoffnung, dass sich dieser von allein auflöse.
Zufriedenheit aller Beteiligten
Es wird versucht, einen Mittelweg zwischen den verschiedenen Ansprüchen der Eltern
einzuschlagen, damit alle am Kindergartengeschehen Beteiligten zufrieden sind. Der
Leiter des Kindergartens in islamischer Trägerschaft wünscht sich die Zufriedenheit
aller am Geschehen des Kindergartens Beteiligten. Bei der Auswahl des halal zube-
reiteten Essens wird durch eine durchschnittlich strenge Auslegungsweise versucht,
den Ansprüchen aller Eltern gerecht zu werden. Ein sensibler Umgang mit der inner-
islamischen Vielfalt und den Wünschen und religiösen Einstellungen der Eltern, die
die Kunden sind, ist erforderlich, weil deren Zufriedenheit ausschlaggebend für den
Besuch des Kindergartens ist.
Traditionsgebundenheit
Im Kindergarten in katholischer Trägerschaft wird das Feiern von Festen in der Weise
fortgesetzt, wie es traditionell in dem Kindergarten üblich ist, wobei eine starke Tra-
dition, wie und wo bestimmte Feste gefeiert werden, vorhanden ist. Bezogen auf das
Martinsfest wird die Frage gestellt, ob in der Kirche oder an einem neutralen Ort, wie
einem Saal gefeiert werden solle. Trotz der Bedenken der Leiterin, in der Kirche zu
feiern, da viele muslimische Kinder im Kindergarten sind, wird das Martinsfest, so
wie es immer gewesen ist, in der Kirche gefeiert. Eine Veränderung würde eine große
Aufregung bewirken, zu Konflikten führen und eine Herausforderung sein, weshalb
die Leiterin darauf verzichtet dieses anzuregen.
Bezug auf Trägerschaft
Die religiöse Ausrichtung des Kindergartens in einer klar deklarierten religiösen Trä-
gerschaft wird als Begründung herangezogen, warum im Kindergarten ausschließlich
die Religion der Trägerschaft und nicht religiöse Differenz thematisiert wird.
Mangel an Wissen
Ein weiterer Grund für die geringe Thematisierung von religiöser Differenz ist fehlen-
des Wissen über andere Religionen. Da es unmöglich ist, ausreichende Information
über alle Religionen zu gewinnen, werden die unterschiedlichen Religionen nicht the-
matisiert. Die Pädagoginnen wissen oberflächlich über einige Aspekte der Religionen
Bescheid, der sie nicht zugehören, sind sich allerdings zu unsicher, um mit Kindern
oder Eltern über deren Religion zu sprechen und religiöse Differenz zu thematisieren.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279