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„[…] practioners must endeavour to work in partnership with the child’s family in an
atmosphere of mutual respect […].“694 Bildungspartnerschaft umfasst das gemeinsame
Bemühen um die bestmögliche Entwicklung des Kindes, was die gemeinsame Suche
nach kindgemäßen Ausdrucksformen sowie Kommunikation über religiöse Aspekte
beinhalten kann, die für die Entwicklung des Kindes negativ erscheinen. Diese Bil-
dungspartnerschaft kann sich in religiösen Belangen allerdings als schwierig heraus-
stellen. So zeigt sich in der Studie von Lisa Lischke-Eisinger,695 „dass die Zusam-
menarbeit mit den Eltern von den Erzieher/innen sehr unterschiedlich erlebt wird.“696
Bei einigen Erzieherinnen und Erziehern überwiegen Unsicherheiten und negative
Gefühle und gelingende Gespräche treten selten auf. „So werden Hemmungen spür-
bar, mit den Eltern das Gespräch über deren religiöse und weltanschauliche Haltungen
zu suchen. Der Dialog zwischen Kindergärten und Elternhäusern scheint hier für die
Erzieher/innen nur schwer zu initiieren.“697 Finden Gespräche statt, erklären sich man-
che Eltern nicht ohne Weiteres bereit, über ihre eigene Religion zu erzählen. So war es
auch im Kindergarten in katholischer Trägerschaft schwierig, eine Person zu finden,
die den Kindern das Opferfest erschließt.698 Auch die Tübinger Studie zeigt, dass nur
22 Prozent der Eltern, die die Fragebögen ausgefüllt haben, sich vorstellen können,
„in der Kindergruppe von ihrer Religion zu erzählen, für 59% trifft dies gar nicht
oder wenig zu.“699 Der Grund hierfür kann sein, dass sich viele muslimische Eltern
nicht in der Lage sehen, ihr Kind im islamischen Glauben zu unterweisen, wie das
Forschungsprojekt von Haci-Halil Uslucan zeigt. So trauten in Nordrhein-Westfalen
27,3 Prozent der befragten Eltern sich zu, ihren Kinder selbst den islamischen Glauben
vermitteln zu können, während sich 70 Prozent dies nicht zutrauten.700
694 Karstadt, Lyn/Medd, Jo (2000): Children in the family and society. In: Drury, Rose/Miller,
Linda/Campbell, Robin: Looking at Early Years Education and Care. Professional roles in
early childhood. London: David Fulton Publishers, 35–40, 35.
695 In der Arbeit von Lisa Lischke-Eisinger stehen die Erzieherinnen und Erzieher als
Professionelle im Bereich der Elementarerziehung im Mittelpunkt. Anhand von Inter-
views mit Erzieherinnen und Erziehern aus Kindergärten wird der Frage nachgegangen
„wie die durch den Bildungsplan formulierten Anforderungen und Zielsetzungen in der
Praxis gedeutet und erlebt werden und welche Herausforderungen sie für die einzelnen
Erzieher/innen bedeuten.“ (Lischke, Eisinger, Lisa (2012): Sinn, Werte und Religion in
der Elementarpädagogik. Religion, Interreligiosität und Religionsfreiheit im Kontext der
Bildungs- und Orientierungspläne. Wiesbaden: Springer VS, 17).
696 Lischke-Eisinger, Lisa (2012): Sinn, Werte und Religion in der Elementarpädagogik, 384.
697 Ebd.
698 Vgl. Gruppendiskussion mit Pädagoginnen im Kindergarten in katholischer Trägerschaft,
230–237.
699 Braun, Anne u. a. (2011): Was Eltern erwarten und erfahren. In: Biesinger, Albert/
Edelbrock, Anke/Schweitzer, Friedrich (Hg.): Auf die Eltern kommt es an!, 43–120, 101.
700 Vgl. Uslucan, Haci-Halil (2008): Religiöse Werteerziehung in islamischen Familien. Im
Auftrag: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Berlin, 35.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279