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Die Verankerung von Formen des Umgangs mit und der Thematisierung von religiöser
Differenz in der Organisation beeinflusst eine Kultur, die von Offenheit und Aner-
kennung religiöser Differenz gegenüber geprägt ist. „Eine Handlung wird in einer
spezifischen Umwelt vollzogen, innerhalb derer sich die Deutung der Handlungssitua-
tion vollzieht.“768 Der jeweilige Kontext kann beeinflussen, welche Differenz und wie
Kinder Differenz thematisieren.769
„Unter einer pädagogischen Perspektive, die für die Anerkennung von Differenz und
damit für die Handlungsfähigkeit anderer eintritt, ist also zu beachten, dass Handlungs-
fähigkeit auf soziale Kontexte angewiesen ist, die dem Handlungsvermögen der und
des Einzelnen entsprechen.“770
Eine elementare Bildungseinrichtung als safe space kann ein Ort sein, in dem Kinder
in ihrer Einmaligkeit und Differenz, auch religiösen Differenz, anerkannt sind und in
dem religiöse Differenz thematisiert werden kann.
2.1.1.2 Safe space für kleinere Religionen
Die Anerkennung des kulturellen und religiösen Hintergrunds der Kinder ist für die
Identitätsentwicklung der Kinder, sowohl der größeren als auch der kleineren Religi-
onen, wichtig.
„Two objectives of educational activities in school are to provide support for identity
formation and to foster mutual understanding. This necessitates a clear recognition of
the cultural and religious background of the pupils and students in school because this is
an important part of an identity for both minorities and for the majority in a society.“771
Wie sich in der Untersuchung gezeigt hat, äußern sich die Kinder der kleineren Reli-
gionen im Unterschied zu Kindern der größeren Religionen nicht über ihre Religion
oder ihre religiösen Ausdrucksformen772 und ihrer Religion wird durch die Organisa-
tion des Kindergartens und im Verhalten der Pädagoginnen wenig Aufmerksamkeit
768 Collmar, Norbert (2004): Schulpädagogik und Religionspädagogik. Handlungstheoreti-
sche Analysen von Schule und Religionsunterricht. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht,
34.
769 So zeigt die Studie von Robert Jackson den Zusammenhang zwischen den Einstellun-
gen der jungen Menschen im Vereinigten Königreich zu religiöser Vielfalt und den
Orten. „Place makes a big difference to young people’s attitudes to religious diversity
in the UK.“ Vgl. Religion and Society, http://www.religionandsociety.org.uk/uploads/
docs/2012_12/1355390760_Jackson_Phase_2_Large_Grant.pdf [07.02.2014].
770 Mecheril, Paul/Plößer, Melanie (2009): Differenz. In: Andresen, Sabine u. a. (Hg.): Hand-
wörterbuch Erziehungswissenschaft, 194–208, 198.
771 Schreiner, Peter (2007): A „safe space“ to foster self-expression. In: Keast, John (Hg.):
Religious diversity and intercultural education, 57–66, 57.
772 Vgl. Kapitel „Frage der Zugehörigkeit“ (Teil V, 4.2.2).
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279