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und Lehrern mehr Achtung und Respekt entgegenzubringen, als dies in der schwe-
dischen Gesellschaft der Fall ist, wo der gegenwärtige Status der Lehrpersonen eher
gering ist.909 Eine weitere Erklärung kann sein, dass jüngere Muslima und Muslime die
Hilfe von Lehrerinnen und Lehrern, die einen besseren Blick auf Herausforderungen
und Adaptierungen aufgrund der Anforderungen der Gesellschaft haben, hilfreicher
empfinden als von Eltern, die wenig Berührungspunkte mit den sozialen, kulturellen
und praktischen Realitäten der Jugendlichen haben.910 Eine dritte Möglichkeit ist, dass
die Mitglieder einer „Minderheitskultur“ sich unsicherer und verletzlicher als diejeni-
gen der „Mehrheitskultur“ fühlen und somit eine Lehrperson, die der Mehrheitskultur
angehört und als interessierter, vertrauenswürdiger erwachsener Mensch erlebt wird,
eine wichtigere Bezugsperson und wichtigeres Vorbild wird als für nicht muslimische
Schwedinnen und Schweden.911
„Immigrierte junge Menschen, auch der zweiten und dritten Generation, fühlen sich
manchmal als ‚strangers in a strange land‘, ein Gefühl, das durch die Begegnung mit
der Mehrheitsgesellschaft und deren vielfältigen sozialen, kulturellen, politischen und
wirtschaftlichen Institutionen verstärkt oder abgeschwächt werden kann.“912
Personen in Bildungseinrichtungen sind oftmals die ersten Repräsentantinnen und
Repräsentanten der westlichen Gesellschaft, denen junge immigrierte Menschen
begegnen. „Thus the teacher’s ability to make immigrant pupils (and their parents)
feel welcome, respected, confident, and included may be of significant societal value
at this particular time.“913 Die Ergebnisse der Studie von Jenny Berglund zeigen, dass
es die Fairness, Gerechtigkeit und das professionelle Interesse der Lehrperson ist, die
Anerkennung und Vertrauen der muslimischen Schülerinnen und Schüler und deren
Eltern bewirkt. So erzählt ein Junge, dass das Thema des Fastens, im Gegensatz zu
vielen anderen Lehrerinnen und Lehrern, nie ein Problem für die eine Lehrerin dar-
stellte, sondern sie die Angelegenheit mit der Mutter des Schülers und dem Schüler
diskutierte und somit gemeinsam eine Lösung fanden.914
„Significantly, Joseph noted that his mother also appreciated this teacher: ‚She used
to say that [the teacher] was one of the few who really trusted her as a parent and did
not treat her differently because she wore the veil.‘ Regarding this teacher’s approach
to the matter of religious practice, Joseph recalled that ‚fasting was never problematic
for her, unlike for some of the other teachers I encountered. She simply discussed the
matter with my mother and together they decided that I should fast on Fridays and
weekends.‘ Both of the above accounts show that it was the teacher’s fairness, justness,
909 Vgl. ebd., 111.
910 Vgl. ebd., 112.
911 Ebd., 114.
912 Ebd.
913 Ebd., 114f.
914 Vgl. ebd., 113.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279