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entsteht dadurch, dass alle Beteiligten eine gemeinsame Haltung gegenüber dem
einnehmen, was sie tun. In dem Begriff ‚Haltung‘ stecken sowohl leibliche Momente,
wie Momente der Deutung der Situation.“335 Von Vorteil ist es, wenn Orte für die
Forschung gewählt werden, die den Kindern bekannt sind, und wenn die Kinder mit
der forschenden Person vertraut sind.
„Die Atmosphäre und damit die Situation wird mitbestimmt durch Körperhaltung, durch
Mimik und Gestik, durch die Stimmlage, die Stimmhöhe, die Redegeschwindigkeit
usw. Aber auch durch Erwartungen, die wiederum durch einen kulturellen Lernprozess
erzeugt sind, die mit bestimmten Situationen verbunden werden. – Situationen beruhen
auf einer Kultur des Umgangs mit Dingen und Menschen.“336
Bedingungen des äußeren Settings, die das Verhalten der Kinder während der Erhebung
beeinflussen können, sind physikalische Eigenschaften der Umgebung wie Gebäude,
Einrichtung, Licht, die Gestaltung der äußeren Untersuchungssituation wie die Ablen-
kung durch Spielzeug, soziale Charakteristika der Umgebung wie Vertrautheit mit der
forschenden Person, Anwesenheit anderer Personen, und der subjektive Eindruck, den
Mittelpunkt der Aufmerksamkeit darzustellen und beobachtet zu werden.337
Die Möglichkeit der Empathie kann Forscherinnen und Forscher dazu befähigen,
sich bereits vor der Forschung in die kindliche Perspektive zu versetzen, wobei dies
aufgrund der eigenen Lebensgeschichte und des Andersseins des Kindes nie vollstän-
dig erfolgen kann. Es wäre auch hilfreich, wenn bekannt ist, wie Kinder Forscherinnen
und Forscher und den Forschungsprozess interpretieren. Kinder dürfen weder unter
Druck gesetzt, geängstigt oder zu Antworten gezwungen werden. Kindheitsforschung
kann auf verschiedene Untersuchungsergebnisse zurückgreifen, beispielsweise stellten
Kelsey Moore, Victoria Talwar und Sandra Bosacki im Anschluss an ihre Studie „Cana-
dian children’s perceptions of spirituality: diverse voices“ Limitierungen des Untersu-
chungsdesigns fest und brachten Vorschläge für zukünftige Forschungsvorhaben.
„Although the interviews were designed to flow like a natural conversation and the
researcher engaged with children candidly and warmly, children may have felt the
need to please the researcher by answering questions in a prescribed manner or sensed
a power differential between themselves and the researcher.“338
335 Scholz, Gerold (2012): Teilnehmende Beobachtung. In: Heinzel, Friederike (Hg.):
Methoden der Kindheitsforschung, 116–134, 132.
336 Ebd.
337 Vgl. Heinzel, Friederike (1997): Qualitative Interviews mit Kindern. In: Friebertshäuser,
Barbara/Prengel, Annedore (Hg.): Handbuch Qualitative Forschungsmethoden in der
Erziehungswissenschaft. Weinheim/München: Juventa, 396–413.
338 Moore, Kelsey/Talwar, Victoria/Bosacki, Sandra (2012): Canadian children’s perceptions
of spirituality: diverse voices. International Journal of Children’s Spirituality 17(3),
217–234, 231.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279