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des Landes sowie gegenseitiges Verstehen ermöglichen und die Kinder sollen lernen,
richtig miteinander umzugehen. Der Kindergarten stelle eine „Brücke […] in die
Gesellschaft“635 dar, wodurch Angst vor der Gesellschaft ab- und Vertrauen in diese
aufgebaut werden sollen, wie dies der Leiter des Kindergartens betont.
Kein Zwang zur Partizipation bei den Angeboten der Religion der Trägerschaft
Bei Angeboten der Religion der Trägerschaft werden die Kinder nicht zur Partizipa-
tion gezwungen, aber sie haben die Möglichkeit, daran teilzunehmen, sofern sie das
möchten. Im Kindergarten in katholischer Trägerschaft müssen Kinder anderer Reli-
gionszugehörigkeit nicht an religiösen Angeboten teilnehmen, allerdings finden keine
alternativen religiösen Angebote für diese Kinder statt. Es will kein Druck ausgeübt
werden und niemand ist verpflichtet, bei Gebeten mitzusprechen oder an Festen teilzu-
nehmen. Dennoch besteht die Unsicherheit, ob dies auch allen Elternteilen bewusst sei
oder ob sich manche verpflichtet fühlen, ihr Kind bei diesen Aktivitäten mitmachen zu
lassen, da sie ansonsten negative Konsequenzen für das Kind befürchteten.
Im Kindergarten in islamischer Trägerschaft ist kein Kind verpflichtet, am Koran-
bzw. Religionsunterricht teilzunehmen, sondern die Eltern entscheiden über die
Teilnahme des Kindes daran.
Zaghafte Versuche, kleinere Religionen einzubeziehen
Teilweise sind zaghafte Überlegungen vorhanden, die Religionen, die nicht der Reli-
gion der Trägerschaft der Einrichtung entsprechen und zahlenmäßig geringer im Kin-
dergarten vertreten sind, in den Alltag des Kindergartens einzubeziehen. So werden
Vorschläge gemacht, wie dies verwirklicht werden könne, wie z. B. durch das Spre-
chen von unterschiedlichen Gebeten, den Besuch von verschiedenen Gotteshäusern
und das Thematisieren von Festen. Diesen Vorschlägen stehen einige zaghafte Ver-
suche gegenüber, andere Religionen in den Alltag einzubinden, wie beispielsweise
ein einmaliger Besuch einer Moschee des Kindergartens in katholischer Trägerschaft.
Unabgeschlossenheit der konzeptuellen Überlegungen
Die Überlegungen, wie Religion und religiöse Differenz im Kindergarten vorkommen
sollten, sind nicht abgeschlossen und bilden kein durchgängiges Konzept. Dies zeigt
sich durch Unzufriedenheit über die gegenwärtige Praxis, die in Frage gestellt wird.
Es liegt eine Diskrepanz zwischen den konzeptuellen Überlegungen und der Praxis
im Kindergarten vor und der Blick ist auf die Herausforderungen gerichtet. Bei den
Überlegungen werden ausschließlich die größeren Religionen bedacht, teilweise wer-
den Wünsche geäußert, wie religiöse Differenz Teil eines fruchtbaren Dialogs werden
könne.
635 Ebd., 93f.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279