Seite - 175 - in Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten - Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
Bild der Seite - 175 -
Text der Seite - 175 -
© Waxmann Verlag GmbH. Nur für den privaten Gebrauch. 175
• Selbstverständliche Zugehörigkeit
• Offenlegung von religiöserDifferenz
• Thematisierung der eigenen Religion oder religiösen Ausdrucksformen
• Anfragen an bei Festen abwesende Kinder
Wunsch nach Zugehörigkeit
Kinder der kleineren Religionen im Kindergarten in katholischer Trägerschaft spre-
chen nicht über ihre eigene Religion oder ihre religiösen Ausdrucksformen. Weder in
ihrem Verhalten noch in ihrer verbalen Kommunikation wird deutlich, dass sie eine
andere Religionszugehörigkeit haben und bestimmte christliche Ausdrucksformen
nicht denen ihrer Religion entsprechen. Der Wunsch der Kinder der kleineren Religi-
onen dazuzugehören, zeigt sich anhand der fehlenden Thematisierung von religiösen
Ausdrucksformen im Kindergarten, die sie zu Hause anders erleben, bei der Nicht-
Thematisierung der eigenen Abwesenheit bei religiösen Angeboten, im Schweigen
über religiöse Ausdrucksformen und in der Anpassung an das Verhalten der Kinder
der größeren Religion.
Keine Offenlegung von religiöser Differenz
Kinder der kleineren Religion im Kindergarten in katholischer Trägerschaft thematisie-
ren weder, wenn sie bei Festen abwesend gewesen sind, noch stellen sie im Kindergar-
ten Fragen, die sich aufgrund ihnen unbekannter religiöser Ausdrucksformen ergeben.
So bestreiten Kinder teilweise ihre Abwesenheit bei Festen oder thematisieren
diese erst leise am Ende des Gesprächs. Anstelle der Thematisierung der Tatsache, dass
sie bei gewissen Festen nicht anwesend gewesen sind, halten die Kinder den Schein
aufrecht, dabei gewesen zu sein. Die muslimischen Kinder, die beim Martinsfest nicht
anwesend gewesen sind, möchten dies im Nachhinein nicht offenlegen. Dies wird
dadurch deutlich, dass sie sich nicht zu ihrer Abwesenheit äußern beziehungsweise
diese erst leise und zurückhaltend gegen Ende des Gesprächs erwähnen.
Kinder, die sich für die ihnen nicht bekannten religiösen Handlungen im Kinder-
garten interessieren, thematisieren dies nicht im Kindergarten. So spricht ein musli-
misches Mädchen im Kindergarten nicht über das Kreuzzeichen, sondern erzählt zu
Hause davon.
Schweigen über eigene Religion oder eigene religiöse Ausdrucksformen
Die Kinder der kleineren Religionen im Kindergarten in katholischer Trägerschaft the-
matisieren im Kindergarten ihre eigene Religion nicht. Die muslimischen Kinder im
Kindergarten in katholischer Trägerschaft erwähnen keine der von den muslimischen
Kindern im Kindergarten in islamischer Trägerschaft thematisierten Bereiche. Über die
von ihnen gefeierten Feste oder zu Hause gelebten Praktiken wird auch auf Nachfragen
der Pädagogin nicht gesprochen. Wenn sie bestimmte religiöse Ausdrucksformen auf-
grund der zu Hause gelebten Tradition kennen, wird dies im Kindergarten nicht erzählt.
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279