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nen im Kindergarten ist Kommunikation über religiöse Differenz, über Befürchtungen
und Wünsche eine Chance, einander, sich selbst und die unterschiedlichen Religionen
besser kennenzulernen und gemeinsam Gestaltungsformen im Kindergarten zu überle-
gen. Gespräche der Pädagoginnen und Pädagogen untereinander, mit der Leitung, mit
den Eltern und mit den Kindern fördern einen offenen Umgang mit religiöser Diffe-
renz. Haben die im Kindergarten Tätigen unterschiedliche Religionszugehörigkeiten
bietet sich im Kindergarten Kommunikation über deren unterschiedlichen religiösen
Traditionen an.
„Conflict theories have taught us that there is a need to create a space and atmosphere
of safety and security if a constructive dialogue is to take place between those who are
different from each other.“755
Die vorliegende Studie verweist auf die Tendenz, ausschließlich die größere Reli-
gion, aber nicht die kleineren Religionen und religiöse Differenz zu thematisieren.756
Mecheril und Plößer kommen in Auseinandersetzung mit sozialkonstruktivistischen757
und dekonstruktiven758 Ansätzen zu dem Schluss, dass die „in der Forschung zu Dif-
oder das Kind nach den Wünschen für das Essen fragten oder Spielzeuge anboten. Vgl.
Singer, Elly/de Haan, Dorian (2011): Fostering a sense of belonging in multicultural
childcare settings. In: Kernan, Margaret/Singer, Elly (Hg.): Peer Relationships in Early
Childhood Education and Care. London/New York: Routledge, 88–101, 96. Auch in der
Studie führen die Pädagoginnen selten Gespräche mit den Kindern, die ohne bestimmten
Auftrag oder Angebot verbunden sind.
755 Schreiner, Peter (2007): A „safe space“ to foster self-expression. In: Keast, John (Hg.):
Religious diversity and intercultural education, 57–66, 58.
756 Vgl. Kapitel „Dominanz einer Religion“ (Teil V, 4.1.4).
757 In der sozialkonstruktivistischen Sicht auf Differenz werden Differenzverhältnisse als
sozial erzeugt verstanden. „In der sozialkonstruktivistischen Forschung geht es mithin
nicht um die (An-)Erkennung differenzbedingter Unterschiede und Identitäten, sondern
um die Erforschung solcher Prozesse, in denen durch Rückgriffe auf Differenzkategorien
soziale Realitäten produziert werden.“ Pädagogische Organisationen und pädagogisch
Handelnde können sich fragen, „inwiefern sie selber am ‚doing difference‘ beteiligt
sind, welche Zuschreibungen sie vornehmen, wie sie in ihrer täglichen und notwendig
anerkennenden Arbeit durch Anreden, Zuordnungen, Diagnosen, räumliche Settings etc.
Differenz und damit Ungleichheit produzieren. […] Weil ‚doing difference‘ immer auch
‚doing inequality‘ bedeutet, gilt es schließlich zu überprüfen, welche Ressourcen den
Subjekten (gerade auch auf solchen Identitätspositionen, die nicht die vorherrschenden
und nicht die privilegierten sind) für ihre Darstellungsarbeit zur Verfügung stehen, bzw.
wie die Pädagogik für deren Zugänglichmachung oder deren Aufwertung eintreten kann.“
(Mecheril, Paul/Plößer, Melanie (2009): Differenz. In: Andresen, Sabine u. a. (Hg.):
Handwörterbuch Erziehungswissenschaft, 194–208, 200–202).
758 Die dekonstruktive Sicht auf Differenz interessiert sich stärker „für die politischen
Effekte, die ein affirmierender, Differenzen bestätigender Umgang mit sich bringt. […]
Dekonstruktive Strategien stellen damit die symbolische Ordnung selbst infrage; sie
zielen auf die Vervielfältigung von Identitäten und auf die Herausführung von Identi-
Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Titel
- Umgang mit religiöser Differenz im Kindergarten
- Untertitel
- Eine ethnographische Studie an Einrichtungen in katholischer und islamischer Trägerschaft
- Autor
- Helena Stockinger
- Verlag
- Waxmann Verlag GmbH
- Ort
- Münster
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8309-8648-5
- Abmessungen
- 16.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 280
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 11
- Teil I: Theoretische Grundlagen und Begriffsklärungen 12
- 1. Praktisch-theologische Herangehensweise 12
- 2. Ausgangslage der Forschung 14
- 3. Das Recht der Kinder auf Differenz 16
- 4. Chancen und Herausforderungen der Religionspädagogik 17
- 5. Religiöse Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen 18
- 6. Begriffliche Klärungen 20
- Teil II: Forschungsstand 41
- 1. Forschungsergebnisse zum Umgang mit religiöser Differenz 41
- 1.1 Ausgewählte Studien mit Kindern im Grundschulalter 42
- 1.2 Empirische Studien mit Kindern in der Elementarpädagogik 46
- 1.2.1 Eva Hoffmann: Interreligiöses Lernen im Kindergarten? 46
- 1.2.2 Friedrich Schweitzer, Albert Biesinger, Anke Edelbrock: Tübinger Projekte 48
- 1.2.3 David Elkind: Erforschung der Glaubensentwicklung 52
- 1.2.4 Ina ter Avest: Erfahrungen im Umgang mit dem Anderen 53
- 1.2.5 Daniel Bar-Tal: Konzept eines „Arabers“ in Israel 54
- 1.2.6 Paul Connolly et al.: Einstellung gegenüber Gruppen in Nordirland 55
- 1.3 Zusammenfassung der Forschungsergebnisse 58
- 2. Forschungsfrage 60
- 3. Anliegen der Studie 60
- 4. Entwicklungspsychologische Erkenntnisse 62
- 5. Möglichkeiten und Grenzen der Kindheitsforschung 67
- Teil III: Methodologische Zugänge der Studie 81
- 1. Qualitativ-empirische Forschung 81
- 2. Ethnographischer Zugang 89
- 3. Grounded Theory 90
- 4. Thematisches Kodieren nach Uwe Flick 94
- 5. Begründung der Forschungszugänge 96
- 6. Überblick über die angewendeten Methoden 98
- Teil IV: Untersuchungsdesign und durchführung 108
- 1. Angewendete Methoden bei der Untersuchung 108
- 2. Auswahl der Kindergärten 114
- 3. Untersuchungsdurchführung 117
- 4. Reflexion der Untersuchungsdurchführung 121
- Teil V: Auswertung 124
- 1. Hinweise zur Auswertung in der vorliegenden Studie 124
- 2. Darstellung der Kindergärten 125
- 3. Kurze Fallbeschreibungen 133
- 4. Datenauswertung 149
- Teil VI: Diskussion 183
- 1. Der Kindergarten als Organisation 183
- 2. Plädoyer: Entwicklung einer Kultur der Anerkennung religiöser Differenz 194
- 3. Rückblick – Ausblick 244
- Literatur 247
- Tabellen und Abbildungsverzeichnis 276
- Anhang 277
- Abstract 279