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Kirche und Habitus im kulturellen
Gedächtnis318
»zieht daraus die Lehre des friedlichen Nebeneinander, das sich gründet auf Achtung
und Toleranz.«387
Josef Friedrich Perkonig starb 1959. Bedacht mit Auszeichnungen und Ehrenbür-
gerschaften wurde Perkonig als »der Dichter Kärntens«, wie er auf seinem Grab-
stein am Friedhof Annabichl in Klagenfurt bezeichnet wird, selbst Teil des kulturel-
len Gedächtnisses dieses Landes. Seine politisch fragwürdige Rolle ist heute längst
aufgearbeitet, was aber seiner Popularität weitgehend keinen Abbruch tat. Auch das
wurde schon von vielen Seiten als »typisch« für Kärnten beschrieben.388
Sehr ähnlich verhält es sich mit dem Maler und Holzschnittkünstler Switbert Lo-
bisser, dessen Werk und Wirken als beispielhaft für die »Kärntner Seele« bzw. den
Kärntner Habitus gesehen werden kann und in einem letzten Teilkapitel behandelt
werden soll.
2.7 Ständestaat und Nationalsozialismus im kulturellen Gedächtnis Kärntens
am Beispiel von Switbert Lobisser389
Der Benediktinermönch und Maler Switbert390 Lobisser zählt zu den bekanntesten
Kärntner Künstlern der Zwischenkriegszeit. Viele seiner Fresken prägen heute noch
den öffentlichen und teilweise sakralen Raum, seine Holzschnitte zieren auch ge-
genwärtig noch so manche Kärntner Bauernstube oder sind ein beliebtes Postkar-
tenmotiv.
Ähnlich wie Perkonigs Literatur ist Lobissers Kunst geprägt von einem verklärten
Heimatbild, in dem das ländliche Leben in idyllischer Leichtigkeit idealisiert wird.
Ähnlich wie Perkonig werden auch Lobisser und seine Kunst als »typisch kärnt-
nerisch« beschrieben. Der Kärntner Schriftsteller Otto Aichbichler, Ehemann von
Dolores Viesèr, umschrieb dies in seinem Geleitwort zur erstmals 1940 erschienenen
Autobiographie Lobissers so :
Suitbert Lobisser ist stolz, Kärntner zu sein, und er ist es wirklich bis in sein innerstes
Fühlen und Denken. Gemütvoll und herzensgut gegen alles Schwache, energievoll bei der
Arbeit, Frohsinn aber im Herzen.391
387 Ebd., 474.
388 Ringel, E.: Kärntner Seele (2000), 24.
389 Teile dieses Kapitels sind in dem Zeitschriftenaufsatz Thonhauser, J.: Mönch – Künstler – Nazi
(2016) bereits publiziert worden.
390 Die Schreibweise des Namens »Suitbert«, den Lobisser als Ordensnamen wählte, begegnet häufiger
als »Switbert«.
391 Aichbichler, O.: Suitbert Lobisser (1941), 11.
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Die Kirche und die »Kärntner Seele«
Habitus, kulturelles Gedächtnis und katholische Kirche in Kärnten, insbesondere vor 1938
- Titel
- Die Kirche und die »Kärntner Seele«
- Untertitel
- Habitus, kulturelles Gedächtnis und katholische Kirche in Kärnten, insbesondere vor 1938
- Autor
- Johannes Thonhauser
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23291-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 402
- Schlagwörter
- Kärnten, katholische Kirche, kulturelles Gedächtnis, Habitus, Christlicher Ständestaat, nationalsozialistische Bewegung, Switbert Lobisser, Dolores Viesèr, Emilie Zenneck, Hans Sittenberger
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 11
- Die katholische Kirche und der Sonderfall Kärnten 13
- 1 Vorbemerkungen 13
- 2 Hinführung 17
- 3 Theoretische Vorüberlegungen 30
- 3.1 Soziologische Grundannahmen 31
- 3.2 Kulturelles und kollektives Gedächtnis 39
- 3.3 Zum methodischen Umgang mit Kunst und Literatur 49
- 1 Missionierung und Christianisierung 59
- 1.1 Zur Missionierung und Christianisierung in Kärnten 60
- 1.2 Politische und kirchliche Entwicklungslinien Kärntens im Hochmittelalter 63
- 1.3 Die Kirche und die territoriale Integration Kärntens im Spätmittelalter 67
- 1.4 Religiöses Leben und kirchliche Struktur im spätmittelalterlichen Kärnten 69
- 2 Das Konfessionelle Zeitalter 73
- 3 Das Nationale Zeitalter 103
- Kirche und Habitus im »Christlichen Ständestaat« 129
- 1 Hinführung 129
- 2 Die Kirchenaustrittsbewegung in Kärnten 1933 bis 1938 151
- 2.1 Hinführung 151
- 2.1.1 Der Geheimerlass vom 10. Juli 1933 155
- 2.1.2 Zur politischen Parteinahme der Seelsorger in den Kärntner Pfarren 157
- 2.2 Zur allgemeinen Entwicklung der Kirchenaustrittsbewegung 1933 bis 1938 162
- 2.2.1 Vom Geheimerlass zu den Silvestertumulten 1933/34: die Ruhe vor dem Sturm 163
- 2.2.2 Von den Silvestertumulten 1933/34 bis zum Juliputsch 1934: der Exodus aus der Kirche 165
- 2.2.3 Vom Putsch 1934 zum Urgenzschreiben 1936: Es brodelt unter der Oberfläche weiter 177
- 2.2.4 Vom Urgenzschreiben 1936 bis zum »Anschluss« 1938: Vorbereitungen zum Massenaustritt 179
- 2.3 Kirchenaustritt aus politischer Opposition zum Ständestaat 181
- 2.4 Zur Rolle der Pfarrers und der katholischen Kirche als Institution 187
- 2.5 Zur Rolle der evangelischen Kirche 197
- 2.6 Die Nazi-Bewegung aus dem Blickwinkel katholischer Geistlicher 204
- 2.7 Wiederverheiratungswillige und Alternativreligiöse 212
- 2.1 Hinführung 151
- 3 Zwischenresümee 216
- Kirche und Habitus im kulturellen Gedächtnis 223
- 1 Hinführung 223
- 2 Sieben Erinnerungstraditionen im kulturellen Gedächtnis Kärntens 225
- 2.1 Die Missionierung Kärntens im kulturellen Gedächtnis 225
- 2.2 Hemma von Gurk als Schlüsselfigur kirchlicher (Gedächtnis-) Geschichte in Kärnten 233
- 2.2.1 Zur Heiligsprechung einer »deutschen Heiligen« 235
- 2.2.2 Dolores Viesèrs Hemma von Gurk (1938): eine christliche »Gegengeschichte« in »unchristlichen« Zeiten 239
- 2.2.2.1 Die Kärntner Landesmutter und ihre Untertanen 243
- 2.2.2.2 Die Kärntner als die »besseren Deutschen« 246
- 2.2.2.3 Das Zusammenspiel von Natur und Mensch 247
- 2.2.2.4 Zur Rolle von Klerus und Kirche 249
- 2.2.2.5 Von Knappen und Putschisten 252
- 2.2.2.6 Wider die Kritiker der Heiligsprechung 255
- 2.2.2.7 Zur Rezeption von Dolores Viesèr und ihres Romans Hemma von Gurk 257
- 2.3 Die »Türkenkriege« im kulturellen Gedächtnis Kärntens 260
- 2.4 Gegenreformation und Geheimprotestantismus im kulturellen Gedächtnis 270
- 2.5 Die Franzosenzeit im kulturellen Gedächtnis Kärntens 282
- 2.6 Klerus und Abwehrkampf im kulturellen Gedächtnis Kärntens amBeispiel von Josef F. Perkonigs Tragödie Heimsuchung (1920) 302
- 2.7 Ständestaat und Nationalsozialismus im kulturellen GedächtnisKärntens am Beispiel von Switbert Lobisser 318
- 3 Sieben Dimensionen des Kärntner Habitus 336
- Zusammenfassung und Ausblick Kirche, Habitus und kulturelles Gedächtnis in Kärnten 344
- 1 Rückblick 344
- 2 Ausblick 348
- 3 Zusammenfassung 350
- Anhang 353
- 1 Abkürzungsverzeichnis 353