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Zusammenfassung und
Ausblick348
Facetten menschlicher Beziehungsgeflechte in ihrer regionalspezifischen Färbung
zum Vorschein. Der abschließende und gewiss unabgeschlossene Versuch, sie in sie-
ben Dimensionen zusammenzufassen und zu charakterisieren, soll ein Diskussions-
beitrag für weiterführende Untersuchungen sein. Er steht am Ende des Bemühens,
einen möglichst vielseitigen kultur- und sozialgeschichtlichen Einblick ins Kärnten
der Zwischenkriegszeit, insbesondere der kurzen Epoche des »Christlichen Stände-
staates«, zu bieten.
2 Ausblick
Auch wenn der Hauptfokus dieser Untersuchung auf eine vergleichsweise kurze
Phase der österreichischen Geschichte gerichtet war und die darauffolgende natio-
nalsozialistische Herrschaft ebensowenig Gegenstand dieses Buches war wie die wei-
teren Entwicklungen in der Zweiten Republik, so lassen sich die Auswirkungen der
beschriebenen Zusammenhänge und Prozesse noch bis in die Gegenwart verfolgen.
So hat sich bspw. die katholische Kirche in Kärnten in der Zweiten Republik ei-
nerseits im Minderheitenkonflikt positioniert und nicht zuletzt durch die Beschlüsse
der Diözesansynode 1972 Akzente in der slowenischsprachigen Pastoral gesetzt,2
zugleich aber damit die Skepsis deutschsprachiger Bevölkerungsgruppen, die dem
politisch rechten Lager nahestehen, prolongiert.3
Zwar hat in diesem politischen Lager der radikale Antiklerikalismus sukzessive der
Rhetorik vom »christlichen Abendland« Platz gemacht, dennoch gilt seine Wähler-
und Wählerinnenschaft über die Grenzen Kärntens hinaus bis in die Gegenwart als
am kirchenfernsten. Während überdies das rechte Lager bis heute männlich domi-
niert blieb, hat sich die Kirche durch die stärkere Einbindung von Laien, vor allem
im Religionsunterricht, aber auch in den vielen Tätigkeitsbereichen der Katholi-
schen Aktion und darüber hinaus, »feminisiert«.4
Dieser Entwicklung im Bereich der Laien steht seit Ende des 20. Jahrhunderts
ein immer drängender werdender Priestermangel gegenüber, dem vonseiten der
Kirchen führung bislang vor allem durch den Zuzug ausländischer Priester begegnet
wurde. Es ist gut vorstellbar, dass hier einzelne Priester aus teilweise völlig anderen
kulturellen Kontexten auf Verständigungs- und Akzeptanzprobleme innerhalb der
Kärntner Bevölkerung stoßen. Dieses Phänomen dürfte aber kein kärntenspezifi-
sches sein, wenngleich die erörterten, historisch gewachsenen Bedingungen es hier
womöglich schärfer an den Tag treten lassen.
2 Vgl. Marketz, J.: Interkulturelle Verständigung (1994).
3 Marketz, J.: Zusammenleben (1999), 42.
4 Hanisch, E.: Antiklerikalismus (1999), 16.
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Die Kirche und die »Kärntner Seele«
Habitus, kulturelles Gedächtnis und katholische Kirche in Kärnten, insbesondere vor 1938
- Titel
- Die Kirche und die »Kärntner Seele«
- Untertitel
- Habitus, kulturelles Gedächtnis und katholische Kirche in Kärnten, insbesondere vor 1938
- Autor
- Johannes Thonhauser
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23291-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 402
- Schlagwörter
- Kärnten, katholische Kirche, kulturelles Gedächtnis, Habitus, Christlicher Ständestaat, nationalsozialistische Bewegung, Switbert Lobisser, Dolores Viesèr, Emilie Zenneck, Hans Sittenberger
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 11
- Die katholische Kirche und der Sonderfall Kärnten 13
- 1 Vorbemerkungen 13
- 2 Hinführung 17
- 3 Theoretische Vorüberlegungen 30
- 3.1 Soziologische Grundannahmen 31
- 3.2 Kulturelles und kollektives Gedächtnis 39
- 3.3 Zum methodischen Umgang mit Kunst und Literatur 49
- 1 Missionierung und Christianisierung 59
- 1.1 Zur Missionierung und Christianisierung in Kärnten 60
- 1.2 Politische und kirchliche Entwicklungslinien Kärntens im Hochmittelalter 63
- 1.3 Die Kirche und die territoriale Integration Kärntens im Spätmittelalter 67
- 1.4 Religiöses Leben und kirchliche Struktur im spätmittelalterlichen Kärnten 69
- 2 Das Konfessionelle Zeitalter 73
- 3 Das Nationale Zeitalter 103
- Kirche und Habitus im »Christlichen Ständestaat« 129
- 1 Hinführung 129
- 2 Die Kirchenaustrittsbewegung in Kärnten 1933 bis 1938 151
- 2.1 Hinführung 151
- 2.1.1 Der Geheimerlass vom 10. Juli 1933 155
- 2.1.2 Zur politischen Parteinahme der Seelsorger in den Kärntner Pfarren 157
- 2.2 Zur allgemeinen Entwicklung der Kirchenaustrittsbewegung 1933 bis 1938 162
- 2.2.1 Vom Geheimerlass zu den Silvestertumulten 1933/34: die Ruhe vor dem Sturm 163
- 2.2.2 Von den Silvestertumulten 1933/34 bis zum Juliputsch 1934: der Exodus aus der Kirche 165
- 2.2.3 Vom Putsch 1934 zum Urgenzschreiben 1936: Es brodelt unter der Oberfläche weiter 177
- 2.2.4 Vom Urgenzschreiben 1936 bis zum »Anschluss« 1938: Vorbereitungen zum Massenaustritt 179
- 2.3 Kirchenaustritt aus politischer Opposition zum Ständestaat 181
- 2.4 Zur Rolle der Pfarrers und der katholischen Kirche als Institution 187
- 2.5 Zur Rolle der evangelischen Kirche 197
- 2.6 Die Nazi-Bewegung aus dem Blickwinkel katholischer Geistlicher 204
- 2.7 Wiederverheiratungswillige und Alternativreligiöse 212
- 2.1 Hinführung 151
- 3 Zwischenresümee 216
- Kirche und Habitus im kulturellen Gedächtnis 223
- 1 Hinführung 223
- 2 Sieben Erinnerungstraditionen im kulturellen Gedächtnis Kärntens 225
- 2.1 Die Missionierung Kärntens im kulturellen Gedächtnis 225
- 2.2 Hemma von Gurk als Schlüsselfigur kirchlicher (Gedächtnis-) Geschichte in Kärnten 233
- 2.2.1 Zur Heiligsprechung einer »deutschen Heiligen« 235
- 2.2.2 Dolores Viesèrs Hemma von Gurk (1938): eine christliche »Gegengeschichte« in »unchristlichen« Zeiten 239
- 2.2.2.1 Die Kärntner Landesmutter und ihre Untertanen 243
- 2.2.2.2 Die Kärntner als die »besseren Deutschen« 246
- 2.2.2.3 Das Zusammenspiel von Natur und Mensch 247
- 2.2.2.4 Zur Rolle von Klerus und Kirche 249
- 2.2.2.5 Von Knappen und Putschisten 252
- 2.2.2.6 Wider die Kritiker der Heiligsprechung 255
- 2.2.2.7 Zur Rezeption von Dolores Viesèr und ihres Romans Hemma von Gurk 257
- 2.3 Die »Türkenkriege« im kulturellen Gedächtnis Kärntens 260
- 2.4 Gegenreformation und Geheimprotestantismus im kulturellen Gedächtnis 270
- 2.5 Die Franzosenzeit im kulturellen Gedächtnis Kärntens 282
- 2.6 Klerus und Abwehrkampf im kulturellen Gedächtnis Kärntens amBeispiel von Josef F. Perkonigs Tragödie Heimsuchung (1920) 302
- 2.7 Ständestaat und Nationalsozialismus im kulturellen GedächtnisKärntens am Beispiel von Switbert Lobisser 318
- 3 Sieben Dimensionen des Kärntner Habitus 336
- Zusammenfassung und Ausblick Kirche, Habitus und kulturelles Gedächtnis in Kärnten 344
- 1 Rückblick 344
- 2 Ausblick 348
- 3 Zusammenfassung 350
- Anhang 353
- 1 Abkürzungsverzeichnis 353