Seite - 20 - in Die Kirche und die »Kärntner Seele« - Habitus, kulturelles Gedächtnis und katholische Kirche in Kärnten, insbesondere vor 1938
Bild der Seite - 20 -
Text der Seite - 20 -
Einleitung20
lisiert werden dürfte. Dementsprechend zeigen einschlägige Studien immer wieder,
wie stark das Stadt-Land-Gefälle auch Indikator für eine traditionell-institutionelle
Kirchlichkeit ist.27 Umso erstaunlicher scheint es nun aber, dass gerade Kärnten die-
ser Feststellung tendenziell entgegenläuft. Das südlichste Bundesland ist alles andere
als »urban«. Es besitzt mit 59 Einwohnern und Einwohnerinnen pro Quadratki-
lometer neben Tirol (58)28 die geringste Bevölkerungsdichte der österreichischen
Bundesländer und mit Klagenfurt und Villach zwei an der Zahl ihrer Einwohner
und Einwohnerinnen (ca. 100.000 bzw. ca. 60.000)29 gemessen vergleichsweise kleine
Städte.
1999 wöchentlich
oder öfter monatlich/zu
spez. Festtagen einmal im Jahr
oder seltener nie, praktisch
nie
Wien (N=181) 18 % 31 % 12 % 39 %
Kärnten (N=85) 17 % 20 % 40 % 23 %
restliche Bundesländer (N=931) 28 % 37 % 11 % 24 %
2008 wöchentlich
oder öfter monatlich/zu
spez. Festtagen einmal im Jahr
oder seltener nie, praktisch
nie
Wien (N=186) 7 % 62 % 12 % 19 %
Kärnten (N=80) 13 % 26 % 19 % 42 %
restliche Bundesländer (N=824) 23 % 42 % 17 % 18 %
Tabelle 1: Gottesdienstbesuch in Österreich 199930 und 200831. Ca. 1500 Österreichern und Österreiche
rinnen wurde folgende Frage gestellt: »Einmal abgesehen von Hochzeiten, Beerdigungen und Taufen,
wie oft gehen Sie derzeit zum Gottesdienst?« Die acht (1999) bzw. sieben (2008) zur Auswahl stehen
den Antwortkategorien wurden der Übersichtlichkeit wegen zu vier Kategorien zusammengefasst und
auf Katholiken und Katholikinnen beschränkt.
Unabhängig davon lässt sich für Kärnten aber nicht nur im Hinblick auf den Kir-
chenbesuch, sondern auch auf die Religiosität – verstanden als »heiliges Lebens-
schild« im Sinne des Religionssoziologen Peter L. Berger32 – ein Unterschied zu den
restlichen Bundesländern festmachen : Folgt man der Studie Zulehners zur Religion
27 Zulehner, P. M. u. a.: Untertan (1991), 116 f.
28 Quelle : Statistik Austria : Klassifikationen (01.01.2017).
29 Stand 2017.
30 Zulehner, P. M.: EVS 1999 (2011).
31 Zulehner, P. M.: EVS 2008 (2010).
32 Berger, P. L.: Zur Dialektik (1973). Im englischen Original trägt das Buch den Titel »The Sacred Ca-
nopy« – Religion wird hier also im Sinne eines »heiligen Schildes« verstanden, das in Sorgen, Krisen
und Nöten Trost und Hoffnung verspricht oder, religionswissenschaftlich gesprochen, die Instandhal-
tung eines »heiligen Kosmos« gegen das allgegenwärtig bedrohliche Chaos garantiert. Vgl. zu dieser
Bezeichnung Zulehner, P. M.: Religion (1981), 37.
Open Access © 2019 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Die Kirche und die »Kärntner Seele«
Habitus, kulturelles Gedächtnis und katholische Kirche in Kärnten, insbesondere vor 1938
- Titel
- Die Kirche und die »Kärntner Seele«
- Untertitel
- Habitus, kulturelles Gedächtnis und katholische Kirche in Kärnten, insbesondere vor 1938
- Autor
- Johannes Thonhauser
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-23291-9
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 402
- Schlagwörter
- Kärnten, katholische Kirche, kulturelles Gedächtnis, Habitus, Christlicher Ständestaat, nationalsozialistische Bewegung, Switbert Lobisser, Dolores Viesèr, Emilie Zenneck, Hans Sittenberger
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung 11
- Die katholische Kirche und der Sonderfall Kärnten 13
- 1 Vorbemerkungen 13
- 2 Hinführung 17
- 3 Theoretische Vorüberlegungen 30
- 3.1 Soziologische Grundannahmen 31
- 3.2 Kulturelles und kollektives Gedächtnis 39
- 3.3 Zum methodischen Umgang mit Kunst und Literatur 49
- 1 Missionierung und Christianisierung 59
- 1.1 Zur Missionierung und Christianisierung in Kärnten 60
- 1.2 Politische und kirchliche Entwicklungslinien Kärntens im Hochmittelalter 63
- 1.3 Die Kirche und die territoriale Integration Kärntens im Spätmittelalter 67
- 1.4 Religiöses Leben und kirchliche Struktur im spätmittelalterlichen Kärnten 69
- 2 Das Konfessionelle Zeitalter 73
- 3 Das Nationale Zeitalter 103
- Kirche und Habitus im »Christlichen Ständestaat« 129
- 1 Hinführung 129
- 2 Die Kirchenaustrittsbewegung in Kärnten 1933 bis 1938 151
- 2.1 Hinführung 151
- 2.1.1 Der Geheimerlass vom 10. Juli 1933 155
- 2.1.2 Zur politischen Parteinahme der Seelsorger in den Kärntner Pfarren 157
- 2.2 Zur allgemeinen Entwicklung der Kirchenaustrittsbewegung 1933 bis 1938 162
- 2.2.1 Vom Geheimerlass zu den Silvestertumulten 1933/34: die Ruhe vor dem Sturm 163
- 2.2.2 Von den Silvestertumulten 1933/34 bis zum Juliputsch 1934: der Exodus aus der Kirche 165
- 2.2.3 Vom Putsch 1934 zum Urgenzschreiben 1936: Es brodelt unter der Oberfläche weiter 177
- 2.2.4 Vom Urgenzschreiben 1936 bis zum »Anschluss« 1938: Vorbereitungen zum Massenaustritt 179
- 2.3 Kirchenaustritt aus politischer Opposition zum Ständestaat 181
- 2.4 Zur Rolle der Pfarrers und der katholischen Kirche als Institution 187
- 2.5 Zur Rolle der evangelischen Kirche 197
- 2.6 Die Nazi-Bewegung aus dem Blickwinkel katholischer Geistlicher 204
- 2.7 Wiederverheiratungswillige und Alternativreligiöse 212
- 2.1 Hinführung 151
- 3 Zwischenresümee 216
- Kirche und Habitus im kulturellen Gedächtnis 223
- 1 Hinführung 223
- 2 Sieben Erinnerungstraditionen im kulturellen Gedächtnis Kärntens 225
- 2.1 Die Missionierung Kärntens im kulturellen Gedächtnis 225
- 2.2 Hemma von Gurk als Schlüsselfigur kirchlicher (Gedächtnis-) Geschichte in Kärnten 233
- 2.2.1 Zur Heiligsprechung einer »deutschen Heiligen« 235
- 2.2.2 Dolores Viesèrs Hemma von Gurk (1938): eine christliche »Gegengeschichte« in »unchristlichen« Zeiten 239
- 2.2.2.1 Die Kärntner Landesmutter und ihre Untertanen 243
- 2.2.2.2 Die Kärntner als die »besseren Deutschen« 246
- 2.2.2.3 Das Zusammenspiel von Natur und Mensch 247
- 2.2.2.4 Zur Rolle von Klerus und Kirche 249
- 2.2.2.5 Von Knappen und Putschisten 252
- 2.2.2.6 Wider die Kritiker der Heiligsprechung 255
- 2.2.2.7 Zur Rezeption von Dolores Viesèr und ihres Romans Hemma von Gurk 257
- 2.3 Die »Türkenkriege« im kulturellen Gedächtnis Kärntens 260
- 2.4 Gegenreformation und Geheimprotestantismus im kulturellen Gedächtnis 270
- 2.5 Die Franzosenzeit im kulturellen Gedächtnis Kärntens 282
- 2.6 Klerus und Abwehrkampf im kulturellen Gedächtnis Kärntens amBeispiel von Josef F. Perkonigs Tragödie Heimsuchung (1920) 302
- 2.7 Ständestaat und Nationalsozialismus im kulturellen GedächtnisKärntens am Beispiel von Switbert Lobisser 318
- 3 Sieben Dimensionen des Kärntner Habitus 336
- Zusammenfassung und Ausblick Kirche, Habitus und kulturelles Gedächtnis in Kärnten 344
- 1 Rückblick 344
- 2 Ausblick 348
- 3 Zusammenfassung 350
- Anhang 353
- 1 Abkürzungsverzeichnis 353