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Die Kirche und die »Kärntner Seele« - Habitus, kulturelles Gedächtnis und katholische Kirche in Kärnten, insbesondere vor 1938
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95Das Konfessionelle Zeitalter Regensburg oder Nürnberg.178 Die zweite Wanderungsbewegung in den 1620er Jah- ren ist im Kontext des Dreißigjährigen Krieges und der schwachen Konjunktur zu sehen und betraf nun vorwiegend die Landbevölkerung sowie, nach dem kaiserlichen Generalmandat von 1628, den Adel.179 Nur kurz nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges wurde in Kärnten noch einmal die Religionsreformationskommission aktiv. 1650/51 begannen daraufhin die ersten größeren Emigrationsbewegungen, vor allem unter den Bauern.180 Das Bild, das man katholischerseits von den Ausgewanderten hatte, war bis in das 20. Jahr- hundert hinein durchwegs negativ. Man war der Auffassung, dass die Exulanten sich verführen hätten lassen und ausländischen Interessen und Propaganda zum Opfer gefallen wären.181 Der weitaus größere Teil der Kärntner und Kärntnerinnen entschied sich aber für den Verbleib im Land und damit für eine äußerliche Anpassung an den aufge- zwungenen Katholizismus. Einige wohlsituierte Personen konnten es sich leisten, ihren protestantischen Glauben unter dem Schutz der Stände offen zu leben.182 Die allermeisten jedoch lebten ihr evangelisches Bekenntnis im privaten Kreis. Die his- torische Forschung fand für dieses Phänomen den umstrittenen183 und etwas irrefüh- renden Begriff »Geheimprotestantismus«. Die Tatsache, dass in vielen Gegenden Personen mit evangelischer Gesinnung lebten, die sich äußerlich katholisch gaben, war den politischen und kirchlichen Verantwortungsträgern wohl bewusst. Eigent- lich müsste man von »illegalem Protestantismus« sprechen, war doch die Anhänger- schaft an eine andere als des Herrschers Konfession vor allem ein politisches Prob- lem für Letzteren, da es seine Durchsetzungskraft des Augsburger Religionsfriedens infrage stellte.184 178 Schnabel, W. W.: Exulanten (2011), 220–226. 179 Ebd., 229–233. 180 Leeb, R.: Geheimprotestantismus (2000), 249. Konkrete Zahlen sind umstritten, da häufig nur Fami- lienoberhäupter berücksichtigt würden, die mit der Zahl fünf oder sechs multipliziert werden müss- ten. Werner Wilhelm Schnabel geht von mehreren Tausend Personen aus, deren Weg häufig in den süddeutschen Raum führte. Schnabel, W. W.: Exulanten (2011), 219 f. 181 Ebd. 182 Ebd., 229 f. 183 Der Begriff »Geheimprotestantismus« wurde erstmals am Ende des 19. Jahrhunderts verwendet und hat sich seither trotz seiner Unschärfe in den Geschichtswissenschaften etabliert. Wiederholt wurde er als »›Kampfbegriff‹ der protestantischen österreichischen Kirchengeschichtsschreibung« proble- matisiert. Leeb, R./Scheutz, M./Weikl, D.: Legalität (2009), 7–9. 184 Tropper, C.: Der Geheimprotestantismus (2011), 295. Bei dieser Quellenangabe handelt es sich um eine gekürzte Version des Beitrags von Tropper, C.: Geheimprotestantismus (2009). Die Autorin hat zur Thematik außerdem eine Arbeit mit reichhaltigem Quellenmaterial für die Zeit von 1731 bis 1738 vorgelegt : Tropper, C.: Glut (2011).
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Die Kirche und die »Kärntner Seele« Habitus, kulturelles Gedächtnis und katholische Kirche in Kärnten, insbesondere vor 1938
Titel
Die Kirche und die »Kärntner Seele«
Untertitel
Habitus, kulturelles Gedächtnis und katholische Kirche in Kärnten, insbesondere vor 1938
Autor
Johannes Thonhauser
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2019
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-23291-9
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
402
Schlagwörter
Kärnten, katholische Kirche, kulturelles Gedächtnis, Habitus, Christlicher Ständestaat, nationalsozialistische Bewegung, Switbert Lobisser, Dolores Viesèr, Emilie Zenneck, Hans Sittenberger
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Danksagung 11
  2. Die katholische Kirche und der Sonderfall Kärnten 13
  3. 1 Vorbemerkungen 13
  4. 2 Hinführung 17
    1. 2.1 Empirische Befunde zur Wahrnehmung der Kirche in Kärnten 18
    2. 2.2 Der Sonderfall Kärnten und die Kirche 23
  5. 3 Theoretische Vorüberlegungen 30
    1. 3.1 Soziologische Grundannahmen 31
    2. 3.2 Kulturelles und kollektives Gedächtnis 39
    3. 3.3 Zum methodischen Umgang mit Kunst und Literatur 49
    4. 1 Missionierung und Christianisierung 59
    5. 1.1 Zur Missionierung und Christianisierung in Kärnten 60
    6. 1.2 Politische und kirchliche Entwicklungslinien Kärntens im Hochmittelalter 63
    7. 1.3 Die Kirche und die territoriale Integration Kärntens im Spätmittelalter 67
    8. 1.4 Religiöses Leben und kirchliche Struktur im spätmittelalterlichen Kärnten 69
  6. 2 Das Konfessionelle Zeitalter 73
    1. 2.1 Soziale Konfliktlinien im Konfessionellen Zeitalter 75
    2. 2.2 Die Reformation in Kärnten 79
    3. 2.3 Die Rekatholisierung in Kärnten 84
    4. 2.4 Der konfessionelle Absolutismus in Kärnten 89
      1. 2.4.1 Zur Rolle der Jesuiten 92
      2. 2.4.2 Emigration, Geheimprotestantismus und Transmigration 94
      3. 2.4.3 Zum staatlichen Missionswesen in Kärnten 100
  7. 3 Das Nationale Zeitalter 103
    1. 3.1 Die Kärntner Kirche im Reformabsolutismus 104
    2. 3.2 Die französische Besatzung Oberkärntens und die liberale Ordnung 108
    3. 3.3 Kirche und Staat im Nationalen Zeitalter 110
      1. 3.3.1 Der Sprachenkonflikt und die Kirche in Kärnten 111
      2. 3.3.2 Deutschnationalismus und Antiklerikalismus in Kärnten 114
      3. 3.3.3 »Hetzpfaffen« und »Pfaffenhetze« im Kontext von Erstem Weltkrieg und Abwehrkampf 120
      4. 3.3.4 Die katholische Kirche in der Ersten Republik 125
  8. Kirche und Habitus im »Christlichen Ständestaat« 129
  9. 1 Hinführung 129
    1. 1.1 Gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen 130
    2. 1.2 Ideologische Grundzüge des »Christlichen Ständestaates« 133
      1. 1.2.1 Der Politische Katholizismus im »Christlichen Ständestaat« 136
      2. 1.2.2 Das Konkordat von 1933/34 und die Verfassung vom 1. Mai 1934 138
      3. 1.2.3 Zur »Rekatholisierung« des Alltaglebens 140
      4. 1.2.4 Zur allgemeinen politischen Entwicklung des Ständestaates 142
    3. 1.3 Der »Christliche Ständestaat« in Kärnten 144
      1. 1.3.1 Zur administrativen Umsetzung des Ständestaates in Kärnten 145
      2. 1.3.2 Zur Kärntner nationalsozialistischen Bewegung im Ständestaat 147
      3. 1.3.3 Zur Rolle Bischof Hefters und des Politischen Katholizismus in Kärnten 1933 bis 1938 148
  10. 2 Die Kirchenaustrittsbewegung in Kärnten 1933 bis 1938 151
    1. 2.1 Hinführung 151
      1. 2.1.1 Der Geheimerlass vom 10. Juli 1933 155
      2. 2.1.2 Zur politischen Parteinahme der Seelsorger in den Kärntner Pfarren 157
      3. 2.2 Zur allgemeinen Entwicklung der Kirchenaustrittsbewegung 1933 bis 1938 162
      4. 2.2.1 Vom Geheimerlass zu den Silvestertumulten 1933/34: die Ruhe vor dem Sturm 163
      5. 2.2.2 Von den Silvestertumulten 1933/34 bis zum Juliputsch 1934: der Exodus aus der Kirche 165
        1. 2.2.2.1 Der Weihnachtshirtenbrief 1933 165
        2. 2.2.2.2 Die Silvesterpredigt von Bischof Hefter 1933/34 169
        3. 2.2.2.3 Die Ausschreitungen im Jänner 1934 173
        4. 2.2.2.4 Die Februarrevolte 1934 176
      6. 2.2.3 Vom Putsch 1934 zum Urgenzschreiben 1936: Es brodelt unter der Oberfläche weiter 177
      7. 2.2.4 Vom Urgenzschreiben 1936 bis zum »Anschluss« 1938: Vorbereitungen zum Massenaustritt 179
    2. 2.3 Kirchenaustritt aus politischer Opposition zum Ständestaat 181
      1. 2.3.1 Die Wahrnehmung der Kärntner Kirche als Agent der Regierung in Wien 181
      2. 2.3.2 Zur Einflussnahme der Kirche auf staatliche Behörden 184
    3. 2.4 Zur Rolle der Pfarrers und der katholischen Kirche als Institution 187
      1. 2.4.1 Antiklerikalismus und die Person des Pfarrers 187
        1. 2.4.1.1 Streitbare Priesterpersönlichkeiten 188
        2. 2.4.1.2 Die Katechese der Drohung und Beschämung 191
        3. 2.4.1.3 Schmähungen der Bevölkerung durch den Priester 193
      2. 2.4.2 Finanzielle Austrittsgründe 196
    4. 2.5 Zur Rolle der evangelischen Kirche 197
      1. 2.5.1 Zur Rolle der protestantischen Geistlichen 198
      2. 2.5.2 Soziale Trägerschichten und »milieusensible« Propaganda 200
      3. 2.5.3 Zur Rolle finanzieller Unterstützungen durch die evangelische Kirche 202
    5. 2.6 Die Nazi-Bewegung aus dem Blickwinkel katholischer Geistlicher 204
      1. 2.6.1 Kirchenferne und die nationalsozialistische Ersatzreligion 204
      2. 2.6.2 Nationalsozialistische Propagandamethoden 206
    6. 2.7 Wiederverheiratungswillige und Alternativreligiöse 212
  11. 3 Zwischenresümee 216
    1. 3.1 Zum zeitgeschichtlichen Ertrag des analysierten Archivmaterials 216
    2. 3.2 Zum mentalitätsgeschichtlichen Ertrag des analysierten Archivmaterials 218
    3. 3.3 Zur Komplementarität von Habitus und kulturellem Gedächtnis 220
  12. Kirche und Habitus im kulturellen Gedächtnis 223
  13. 1 Hinführung 223
  14. 2 Sieben Erinnerungstraditionen im kulturellen Gedächtnis Kärntens 225
    1. 2.1 Die Missionierung Kärntens im kulturellen Gedächtnis 225
    2. 2.2 Hemma von Gurk als Schlüsselfigur kirchlicher (Gedächtnis-) Geschichte in Kärnten 233
      1. 2.2.1 Zur Heiligsprechung einer »deutschen Heiligen« 235
      2. 2.2.2 Dolores Viesèrs Hemma von Gurk (1938): eine christliche »Gegengeschichte« in »unchristlichen« Zeiten 239
        1. 2.2.2.1 Die Kärntner Landesmutter und ihre Untertanen 243
        2. 2.2.2.2 Die Kärntner als die »besseren Deutschen« 246
        3. 2.2.2.3 Das Zusammenspiel von Natur und Mensch 247
        4. 2.2.2.4 Zur Rolle von Klerus und Kirche 249
        5. 2.2.2.5 Von Knappen und Putschisten 252
        6. 2.2.2.6 Wider die Kritiker der Heiligsprechung 255
        7. 2.2.2.7 Zur Rezeption von Dolores Viesèr und ihres Romans Hemma von Gurk 257
    3. 2.3 Die »Türkenkriege« im kulturellen Gedächtnis Kärntens 260
      1. 2.3.1 Türken, Ungarn und Bauern in Jakob Unrests Österreichischer Chronik 262
      2. 2.3.2 Gedächtnisgeschichtliche Metamorphosen der Türkeneinfälle in Kärnten 266
    4. 2.4 Gegenreformation und Geheimprotestantismus im kulturellen Gedächtnis 270
      1. 2.4.1 Verstreute Erinnerungen an die Zeit der Gegenreformation 271
      2. 2.4.2 Emilie Zennecks Glaubensstreiter (1931/1946) 274
    5. 2.5 Die Franzosenzeit im kulturellen Gedächtnis Kärntens 282
      1. 2.5.1 Die Franzosenzeit als Patriotenzeit 283
      2. 2.5.2 Franzosenbild und Gesellschaftskritik in Hans SittenbergersTagebuch der Scholastica Bergamin (1899) 286
      3. 2.5.3 Franzosen und Kärntner in Dolores Viesèrs Roman Nachtquartier(1971) 293
      4. 2.5.4 Zwischenresümee 301
    6. 2.6 Klerus und Abwehrkampf im kulturellen Gedächtnis Kärntens amBeispiel von Josef F. Perkonigs Tragödie Heimsuchung (1920) 302
      1. 2.6.1 Josef F. Perkonigs Verhältnis zu Religion und katholischer Kirche 305
      2. 2.6.2 Das Bild von Klerus und Heimat in der Tragödie Heimsuchung 309
      3. 2.6.3 Perkonigs Wirken im »Christlichen Ständestaat« 314
    7. 2.7 Ständestaat und Nationalsozialismus im kulturellen GedächtnisKärntens am Beispiel von Switbert Lobisser 318
      1. 2.7.1 Bäuerliches Herkunftsmilieu und Sozialisation 319
      2. 2.7.2 Kloster, Kunst und Liebe 321
      3. 2.7.3 Krise, Ständestaat und endgültiger Bruch mit der Amtskirche 327
      4. 2.7.4 »Anschluss« und Nationalsozialismus 330
      5. 2.7.5 Lobisser und das kollektive Gedächtnis Kärntens 334
  15. 3 Sieben Dimensionen des Kärntner Habitus 336
  16. Zusammenfassung und Ausblick Kirche, Habitus und kulturelles Gedächtnis in Kärnten 344
  17. 1 Rückblick 344
  18. 2 Ausblick 348
  19. 3 Zusammenfassung 350
  20. Anhang 353
  21. 1 Abkürzungsverzeichnis 353
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